Frau + Körper

www.danseorientale.ch - Frauenkörper Istanbul Modern

Im September 2009 leitete ich ein Seminar in Griechenland über die Einschränkungen und Freiheiten des weiblichen Körpers in Ost und West - mit spannenden, einsichtsreichen Tanz- und Bewegungsübungen mit eingeschränktem und befreiter Freiheit in Bewegung und Sicht.
Lesetipps über das Thema Frau und Körper.

Dieses Thema habe ich auf die Bühne gebracht, zusammen mit Paule Marchand
Fotos

Hier ein Auszug aus dem Vorwort meiner Arbeit über den Frauenkörper - Einschränkungen und Befreiungen in Ost und West.

 

Forbidden Fruit – so nenne ich in dieser Arbeit den weiblichen Körper. Verbotene Frucht deshalb, weil der weibliche Körper seit Tausenden von Jahren misstrauisch beäugt und in seiner Natürlichkeit nicht akzeptiert wird.

Der Körper steht für das so genannt typisch Weibliche selbst und ist Ausdruck von diesem Sein, das in vielen Kulturen so nicht akzeptiert ist, denn das Weibliche wurde und wird noch als das unvollkommen Männliche angesehen.

 

Symbol der Frau - Schlange (Südamerika)

Was ist das typisch Weibliche? Erst mal Brüste, Vulva, Po, Schenkel, Haare. Und viel sprechen, sich austauschen. Oder Eigenschaften, die Männer auch haben können wie Mitgefühl, Einfühlungs-vermögen, Mütterlichkeit in weitestem Sinne, für andere sorgen, Interdependenzen erkennen. Aber das Wichtigste der Weiblichkeit können Männer nicht: Leben schenken – und dadurch automatisch den Tod in die Welt bringen, denn mit dem Leben gibt es als Gratiszugabe den Tod dazu. Genau das ist das Verbrechen der Frauen: Den Tod und dadurch das zyklische Leben in die Welt gebracht zu haben; dafür werden sie schuldig gesprochen und dafür bestraft – im Christen- und Judentum ist es Eva, durch die die Menschen aus dem Paradies vertrieben wurden.

Leben schenken bedeutet Schmerzen, Schreien, Schwitzen, Körpersäfte, Gerüche, Chaos, instinktives Handeln. Das Weibliche wird als das Wilde, Unberechenbare, das Intuitive in uns definiert.

 

Bühnenstück «im Rahmen» (Foto: Christian Altorfer)

Der weibliche Körper wird bis heute als unvollkommen deklariert, schuldig gesprochen, versteckt, eingesperrt, verhüllt, verkauft, misshandelt, ausgezogen, vergewaltigt, beschnitten, gesteinigt, getötet, zerstückelt, bewundert, verehrt, gemalt und dargestellt, fotografiert und bis zur Schmerzensgrenze zur Schau gestellt. Der weibliche Körper fasziniert und macht Angst.

Angst vor diesem Anderssein und vor dem Unberechenbaren ist schlussendlich der Auslöser für die endlose Liste von Einschränkungen, die von Frauen und ihren Körpern verlangt werden, davon bin ich überzeugt.

 

Bühnenstück «im Rahmen» (Foto: Christian Altorfer)

Aber nie zu vergessen: Frauen machen viele Unsinnigkeiten mit, unterstützen sie vehement und bekämpfen kritische Stimmen. Das spricht für effiziente patriarchale Strukturen. Es gibt keine Schwesternschaft mit einheitlicher Meinung, das haben die Feministinnen im letzten Jahrhundert schnell herausgefunden. Frauen bekämpfen sich untereinander mehr als Männer, die sich durch Vereine, Verbindungen etc. unterstützen. Zum Glück gibt es auch Gegenbewegungen: Viele Frauen auf der ganzen Welt schliessen sich zusammen, um die Welt oder mindestens ihre direkte Umgebung ein klein wenig zu verbessern.

 

Bühnenstück «im Rahmen» (Foto: Christian Altorfer)

Diese Arbeit habe ich so aufgebaut, dass ich auf gegebene Realitäten des weiblichen Körpers während eines Frauenlebens eingehe. Realitäten werden verschieden wahrgenommen. Wahrnehmungen lösen positive oder negative Reaktionen aus. Daraus resultieren religiöse oder philosophische Theorien, die u.U. körperliche Manipulationen oder rigide Moralvorstellungen verlangen. Manipulationen bedeuten in unserem Falle Einschränkungen von Körper und Geist. Einschränkungen überwinden und Freiheiten gewinnen ist das Ziel von vielen Frauenrechtlerinnen oder ganz „gewöhnlichen“ Frauen, die in einem normal alternden Körper leben, die Lebenszyklen akzeptieren, wichtige Zusammenhänge erkennen und gleichberechtigt in unterstützend-positiven Beziehungen zu Frauen und Männern leben wollen.

 

Schnitzerei Surinam

Denn was gibt es Schöneres als den menschlichen Körper, der – in jedem Alter – seinen Ausdruck hat und seine Geschichte erzählen darf. Natürlich steht der Körper nicht einsam im Raum, sondern menschliche Eigenschaften, Lebenssituationen und Gesellschaftsstrukturen gehören untrennbar dazu. Aus diesem Grunde kann ich nicht nur vom Körper sprechen, sondern muss weit ausholen.
 
Je mehr ich in dieses Thema eintauche, desto grösser, weiter und unfassbarer wird es. Ich halte mich an Gelesenes, zeige meine eigenen Gedanken auf und kann nur kleine Anstösse geben, die Euch vielleicht helfen, Eure eigenen Gedanken und Erlebnisse einzuordnen und weiter zu spinnen.
 
Theorie ist eines, Erleben das Ganze.
Während einer Woche erlebten wir, wie sich eingeschränkte und befreite Körperlichkeit anfühlt.


© Copyright Text: Irene von Salis Williams

 

Einschränkungen

Bühnenstück «im Rahmen» (Foto: Christian Altorfer)

und Befreiungen

Bühnenstück «im Rahmen» (Foto: Christian Altorfer)